Bewusster fotografieren manuell in schwarz-weiß

Seit einiger Zeit fotografiere ich viel mehr in schwarz-weiß als früher, und das in für manche fotografierende vielleicht ungewohnten weise: Fotos komplett manuell, also manuell fokussiert, manuell belichtet, direkt in schwarzweiß aufgenommen, keinerlei Nachbearbeitung, kein Beschnitt.

Auf meinem Instagram-Account bnw_auxx entspanne mit einigen dieser Fotos eben fotografisch.

Landschaftsfotograf Thomas Heaton gab den Anstoß in einem seiner Patagonien-Videos, in dem er sich mit einem Freund fotografische Aufgaben stellte. Bei ihm war es einfach nur dies: in JPEG fotografieren, also keinerlei Nachbearbeitung. Das erscheint erstmal nicht ungewöhnlich, die meisten Menschen, die „Fotos machen“, erzeugen Milliarden JPEGs jeden Tag. Wer fotografiert, nutzt oft das RAW-Format der Kamera, das die Roh-Daten des Sensors speichert und die meisten Möglichkeiten der Nachbearbeitung bietet.

Ich gehe nur ein Stück weiter – jeder Berufsfotograf wird mitleidig schmunzeln: Ich stelle die Kamera in den manuellen Modus, lege also jegliche Parameter der Belichtung selbst und manuell fest: Belichtungszeit, Blende, ISO-Verstärkung. Zusätzlich schalte ich den Autofokus aus, lege also die Schärfenebene ebenfalls manuell fest.

So weit so unspektakulär. Astro-Fotografen legen Belichtung und Fokus ohnehin manuell fest, Landschaftsfotografen oft ebenfalls. Für alle anderen wie mich ist diese Vorgehensweise durchaus ungewohnt. Zumal dann auch eben mit der Maßgabe, nichts, aber auch gar nichts nachträglich an dem Foto zu bearbeiten. Keinen Filter, kein Aufhellen, kein Nachschärfen. So, wie das Foto in der Kamera entsteht, bleibt es auch.

Noch nicht einmal den Beschnitt erlaube ich mir zu ändern („Croppen“). Wo ich am Rand der Aufnahme nicht aufgepasst habe, ist dann eben unerwünschtes Beiwerk zu sehen. Und genau deshalb hat dieses voll-manuelle, unbearbeitete Fotografieren für mich viele wunderschöne Seiten.

Aber so haben Fotografen doch früher immer gearbeitet! Oder doch nicht?

Ja und nein. Natürlich gab es früher weder Autofokus noch Belichtungsautomatik, alle diese Parameter setzten Fotografen die längste Zeit manuell, und tun das auch heute noch.

Auch ich setze die Belichtungsparameter mittlerweile die meiste Zeit manuell, vor allem bei schwierigen Lichtsituationen.

Früher haben Fotografen auch ihre Fotografien in der Dunkelkammer nachbearbeitet, nicht nur mit der generellen Entwicklung und Papierwahl, sondern auch im Motiv selbst. Wo kommen wohl die Begriffe abwedeln und nachbelichten her? Beschnitten wurde ebenfalls schon immer. Klar: Die Möglichkeiten der digitalen Bildbearbeitung gehen weit darüber hinaus.

Der Ansatz der Null-Bearbeitung jedoch ist strikter als die Bildentwicklung der analogen Fotografie.

Was ich durch das manuelle fotografieren lerne

„Manuell direkt“ bringt Ruhe ins Fotografieren, und das tut mir gut.

Es lässt mich präziser fotografieren. Ich bin ein 3-Grad-Kamera-schepps-Halter und ein belichte Fotos gerne zu dunkel – auf dass keine Lichter ausfressen, und oft beschneide ich nachträglich.

Die direkte Art zu fotografieren korrigiert diese Angewohnheiten. Ich liege bisweilen daneben, beim dritten hinschauen sehe ich noch eine schiefe Linie, die nicht hin gehört. Ich lerne, ganz genau auf den Rand des Fotos zu achten. Ich achte darauf, die Komposition der Lichter und Schatten im Foto ganz genau im Blick zu behalten.

Ich achte noch mehr auf die Lichtführung – denn in schwarz-weiß habe ich ja sonst nichts.

Ich trainiere die Fokussierung.

Ich übe, die Belichtungseinstellungen schon in meinem Kopf zu setzen.

Dies gilt vor allem, wenn ich statt der kleinen Lumi, die ja als Systemkamera per se einen Live-View mit der Voransicht des exakten Fotos hat, meine ganz alte digitale Spiegelreflexkamera nutze, die eben keinen Liveview hat. Auf beiden Kameras habe ich meist eine Festbrennweite drauf, wobei mir das 7artisans auf der Lumix dank Blendenring noch mehr Freude macht.

Die Helferlein mal ausschalten

Die ganzen Automatiken sind wunderbare Innovationen, im Fotografieren und anderswo. Die ganzen elektronischen Helferlein machen die Arbeit schneller, und in ganz vielen fotografischen Situationen möchte ich weder Belichtungsautomatik noch Autofokus missen und schon gar nicht die Möglichkeit des Nachbearbeitens.

Doch ab und an tut es mir gut, mich auf das Wesentliche zurück zu besinnen. Das gilt fürs fotografieren ebenso wie für viele andere Tätigkeiten.

Es ist gut, Automatiken zu haben. Was diese tun, merke ich dann, wenn ich die Automatik eben ausschalte.

Mir tut das gut, und ich kann es nur jedem empfehlen, sei es beim Fotografieren, oder sonst einer Tätigkeit: Einfach mal auf „manuell“ stellen und selber machen.

Photo: www.joachimschlosser.de, License Creative Commons Attribution Share-Alike